Marosch M. Schröder

Gabriele Heidecker

 

 

 Marosch M. Schröder, Schwerpunkte der künstlerischen Arbeit

 


Die Malerei

Die seit 1988 deutlich als vielschichtiges Phänomen angelegte Malerei von Marosch M.
Schröder hat zunehmend formale Freiheit gewonnen: von der als Untergrund für die
Übermalung benutzten Zeitung und von dem 1987 entwickelten Thema „Zwischen".

 

Aus der malerischen und erzählenden Motivüberlagerung der Druckseiten, etwa der Zeitungen, wurden einfache, meist streng duale Kompositionen, auf der einen Seite mit Schwarz weggetuschten, auf der anderen Seite mit Rosa überschminkten Informationen, und mit sich gegeneinander abdrückenden, feinen Zeichnungen, eher Markierungen. Ein solcher Überarbeitungsvorgang zielt auf eine subtile Information über den Wahrheitsgehalt von täglicher Information und Geschichte:
Verdrängung ins Nichtgewesensein oder Schönfärberei und dazwischen der individuelle Versuch, sich tastend seine Orientierung zu erfinden.

Die inhaltliche und kompositorische Form des Motivs „Zwischen" - zwei voneinander getrennte Blöcke, zwischen und über denen sich wie über einen Abgrund der Bogenknick einer Art Lebenskurve spannt - liegt zwar vielen Bilder insgeheim nach wie vor zugrunde, sowohl als eine Art Zeichen und Hieroglyphe als auch in der Gewichtung des Hell-Dunkels, ist aber nicht mehr formale Rahmenbedingung für die differenzierten Überlagerung der Farbeschichten.

Die zum großen Teil gleichformatigen Malereien sind meist in drei kontrastierenden Farb-Materialen gearbeitet: Wasserlösliches Acryl, ölige, anfangs dicke und zähe Druckfarbe, hautfarbene Körper- und Gesichts-Schminke.
Ihre Überlagerung und Durchdringung, Vermischung und Abstoßung, ist nicht nur eine Art alchemistischer Prozess von Unvereinbarem  zu  e i n e m  Bild, sondern je nach Konzeption des Bildes im Ergebnis überraschend vielgesichtig in der Erscheinung:
fast monochrome Bilder stehen solchen mit rein grafischen Strukturen, sowohl expressiven wie gitterartigen gegenüber - weich schattierte nebelige Lasuren mit von ferne anklingenden Motiv-Assoziationen sind konfrontiert mit pastos geschlossenen Bildflächen, aus denen Symbole herausgekratzt wie schwarze kosmische Zeichen treten.
Bilder dieser Art können miteinander in enge Korrespondenz treten: Marosch M. Schröder legt gelegentlich solche „Sets" auch fest, entweder er malt bereits mehrere gleichformatige Bilder zusammen auf nur wenige größere Flächen oder er stellt Kombinationen zusammen. Aber eigentlich sind alle diese Bilder in allen möglichen Kombinationen ein Ausschnitt jenes Bildes, das er sich und dem Betrachter von dem Jetzt der Zeit macht. Jedes neue Bild aber ist ein neuer Versuch, ein neues Hinzu, das alles in dem Geschichteten wieder anders gewichtet und in Bewegung hält.

Eine besondere Position nehmen 2002 die Kompositionen mit horizontal angelegten Farbschichten ein - mehrere Horizonte übereinander. Sie werden von kreisrunden oder linear umrundeten -gläsern oder flauschig- wie Zellen, Blasen oder Planeten anmutenden Elementen überspielt, zusammen gefasst, durchdrungen und, gelegentlich scheinen die Kompositionen sich aus ihnen zu bilden, was Assoziationen an macro- und micro-kosmische Zusammenhänge zulässt.
Zunehmend verwendet Schröder die immer gleiche runde Form der Schminkpads als Bild-konstituierendes Mittel und Element, wobei die Abdrücke auf die vielfältigste Weise variieren und durch die drei unterschiedlichen Materialien jeweils individuelle Strukturen aufweisen.

„Das Runde", als Grundelement, ist nach Rudolf Arnheim „die Form für die Dinge, die überall und nirgendwo zuhause sind".
Davon erzählen die Bilder Marsch M. Schröders.
Sie offenbaren dabei eine Vielfalt der Gesichte.
Diese Vielfalt verdankt ihren Zusammenhalt einer Sicherheit, die sich aus seinem instinktiven Gespür für Klang und Rhythmus aufbaut und auf die Ahnung einer musikalischen Form zielt.
Die drei Materialien korrespondieren miteinander wie einzelne Musiker, Stimmen und Instrumente eines Trios bei Jazz oder aktueller E-Musik und viele seiner Bilder sind insgeheime Variationen über musikalische Themen.

 


Die Fotoarbeiten


Das Fotografieren hat in Marosch M. Schröders Arbeit gegenwärtig die Funktion einer sowohl spontanen wie kalkulierten Auseinandersetzung mit der Außenwelt. Die Fotografien sind Notate von Bildformen, Farbwerten und grafischen Strukturen, oft in verblüffender Übereinstimmung mit seiner Malerei, mit seinen Innenbildern.



Jede einzelne Fotoarbeit ist ein Beziehungsfeld aus drei Panorama-Fotos unterschiedlicher Sujets, die in deutlichem Abstand übereinander gesetzt sind. Die einzelne Panorama-Aufnahme ist Teil einer Art fotografischen Skizzenbuchs, ihre 3er Kombinationen ergeben Fotobilder, die sich, in Serien zusammengesetzt, zu einem Porträts der Landschaft oder Stadt verdichten:
„Summertime Blues München",„Indien Diary 2001", „South-West Great Britain", „Mallorca 04, Spring and Fall", „Berlin Snaps" und "Paris Voyages" (ausgestellt 2007 in Berlin und Paris).
In solchen Serien von Fotoarbeiten zu den Landschaften und Städten, in denen sich Marosch M. Schröder bewegt, ob als freischaffender Künstler, ob in seiner Tätigkeit als Maskenbildner oder als sog. Flaneur, setzt er, wie ein „Jäger und Sammler" von diesen Orten jeweils ein abgeschlossenes oder, wie im Fall von Berlin und den „Berlin Snaps", ein ständig wachsendes und sich veränderndes Bild zusammen.
Die visuellen Strukturen sind dabei einmal eher denen von Texten vergleichbar und ein andermal eher musikalischen Klang-Kompositionen verwandt.

Text: Gabriele Heidecker

 

„und mit der Fotografie

die Hintergründe, das Geheimnis der Realität in poetische Bilder zu fassen, in den Reihungen, Serien, in die Zwischenebenen unserer Umwelt zu schauen, in den Konstellationen von jeweils drei unterschiedlichen Blicken auf einem Blatt meine eigenen Geschichten zu erzählen" Marosch.

 

 

 

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Berlin-Snaps - Paris-Voyages, zwei Städte-Portraits im Dialog, 2007
 

 

 

Ausstellung in Berlin und Paris anl

 

äßlich der 20 jährigen Städtepartnerschaft

40 „Berlin-Snaps", eine 120 Panorama-Fotos umfassende Serie von Marosch M. Schröder bildet den Ausgangspunkt des Projekts „Urban-Snaps. Städte-Bilder im Dialog". Von ihr ausgehend ist die erste der visuellen Erkundungen die Serie der 40 „Paris-Voyages" von Berlins Partnerstadt Paris.

Jede einzelne Fotoarbeit ist ein Beziehungsfeld aus drei Panorama-Fotos, meist unterschiedlicher Sujets, die in deutlichem Abstand übereina

 

nder gesetzt, zusammen ein Bild mit vielen Facetten ergeben. Der Aufbau der Bilder in drei Schichten, ihre Reihung zu Serien, in denen das rhythmisierte Auftauchen variierter Korrespondenzen von Farben, Formen und Motiven eine jeweils eigene unverwechselbare Handschrift hat, ist mit dem Schreiben einer Partitur vergleichbar.

 


Das Thema dieser Städteportraits ist nicht das in Szene setzen sog. „Highlights" - eher sind es ironische Zitate von Klischees -, sondern das Aufspüren atmosphärischer Elemente und charakteristischer Muster. Marosch M. Schröders spezifische Kompositionsweise fahndet dabei nach der Melodie und dem Rhythmus der Stadt.

Das Fotografieren hat für den Maler Marosch M. Schröder die Funktion einer sowohl spontanen wie kalkulierten Auseinandersetzung mit der Außenwelt: Die Fotografien sind Notate von Bildformen, Farbwerten und grafischen Strukturen, vor dem Hintergrund und in Übereinstimmung mit seiner Malerei.

 


Welche Korrespondenzen, welche singulären Phänomene tun sich auf, wenn man diese Stadt Paris mit einer Berlin-Optik bereist? Berlin wird nicht einfach zurückgelassen, wenn die zeitlich klar begrenzte Reise in die höchst verschiedene Partnerstadt beginnt. Die Stadtlandschaft Berlins mit ihrem heterogenen Charme, den soziokulturellen Spannungen, den Relikten einer bewegten Geschichte bleibt ästhetische Kontrastfolie.

Aber auch umgekehrt verändert die Erfahrung der Stadtlandschaft von Paris den Blick. Die von einer langen Geschichte als Metropole geprägte Stadt mit der Wucht und Dominanz ihrer repräsentativen Architektursprachen, dem je nach Bezirk breiten Spektrum von mondänem und multikulturellem Charme wirkt strukturierend auf die Sicht und Komposition der Motive.
Die Entdeckung von Verwandtem und Unterschiedlichem beider Metropolen kennzeichnet dementsprechend die Zusammenstellung der Serien.

 

 

Die Ausstellungen in Berlin und Paris werden die Serien dialogisch präsentieren als Vis à Vis der Porträts und atmosphärische Bestandsaufnahme beider Städte.


Die Besucher der Ausstellungen in Paris und Berlin können, vermittelt durch die Sicht von Marosch M. Schröder, die eigene Stadt im Spiegel der anderen Stadt neu entdecken.

Copyright:Gabriele Heidecker

 

http://www.gabrieleheidecker.de/